Das große Lachen

Es war einmal ein Drache, der lebte in einer Höhle. Nicht weit entfernt floss ein kleiner Bach. Jeden Tag spazierte der Drache zu dem Bach, um frisches, klares Wasser zu trinken und ein Bad zu nehmen. Auch traf er dort seinen besten Freund, einen kleinen, bunten Schmetterling, der immer wieder um seine Nase flatterte und ihn zum Lachen brachte.

Eines Tages, als die beiden sich vergnügt am Bach die Zeit vertrieben, hörten sie Schreie. Sie hielten inne und schauten sich um. Da sahen sie einen Krieger in gefährlicher Rüstung auf seinem Pferd, voll bewaffnet. Eine wunderschöne Frau in edlen Gewändern saß hinter ihm und schrie um Hilfe. Sofort sprang der Drache auf und versperrte dem Krieger den Weg. Das Pferd bäumte sich auf und wieherte laut. Auch die Prinzessin schrie vor Schreck.

„Geh mir aus dem Weg, du Drache!“ rief der Krieger. Aber der Drache stand nur still da und tat nichts. Der Krieger starrte ihn an: „Aus dem Weg, Drache!“

Da drehte sich der Drache um, schlenkerte einmal seinen Schwanz nach rechts und nach links, so als gäbe er einem imaginären Orchester den Einsatz, und tippelte dann auf Zehenspitzen im Kreis um den Krieger und die Prinzessin herum, die Arme in einer eleganten Bewegung gen Himmel streckend und den Schmetterling auf seiner Nasenspitze balancierend.

Wie vom Donner gerührt, saßen Krieger und Prinzessin auf dem Pferd. Plötzlich begann die Prinzessin zu kichern. Verdutzt schaute sich der Krieger zu ihr um. Er sah sie kichern, sah den Drachen mit dem Schmetterling auf der Nase im Kreis tippeln, und dann, als hätten sie sich abgesprochen, prusteten alle drei gleichzeitig los. Vor lauter Lachen wäre die Prinzessin sogar fast vom Pferd gefallen, hätten Drache und Krieger sie nicht gerade noch festgehalten. Der kleine, bunte Schmetterling aber flog zurück zum Bach, ließ sich auf seiner Lieblingsblume nieder und lauschte von dort aus still vergnügt dem lauten Lachen.

Das Drachenschwert

Es war einmal ein junger Prinz, der zog von zuhause aus, um die Welt zu erkunden. Frohen Mutes machte er sich auf den Weg, neugierig darüber, wohin es ihn bringen, welche Landstriche er erkunden und welche Menschen er treffen würde. Er nahm den Weg nach Osten und lief los. Er lief und lief, machte die ein oder andere kurze Pause und lief dann weiter. Jeden Abend bereitete er sich ein Lager zum Schlafen, früh am nächsten Morgen lief er weiter.

So vergingen Wochen, Monate und Jahre. Der Prinz lief immer weiter, aber er traf auf keine Menschenseele und auch auf keine interessanten Orte. Alles, was er sah, war eintönig und gleich. Manchmal dachte er sogar, er sei doch an eben dieser Stelle schon einmal vorbei gekommen, oder nicht?

Eines Tages bemerkte er, dass ihm jemand folgte. Am Abend meinte er, etwas in einiger Entfernung hocken zu sehen. Vorsichtig näherte er sich dieser Stelle. Plötzlich schreckte er zurück: Zwei furchterregende Augen blickten ihn an. Es war ein Drache! Der Prinz sprang auf und rannte davon.

„Was für ein Prinz ich bloß bin!“ rief er laut aus, „Angsthase wäre wohl das richtige Wort. Los jetzt, Prinz, zeig dich als wahrer Krieger, der du bist!“ So feuerte er sich lauthals an und rannte weiter, so schnell er konnte.

Außer Atem machte er endlich Halt und beugte sich vor, um nach Luft zu schnappen. Als er sich wieder aufrichtete, stand vor ihm der Drache. Der Prinz zog sein Schwert, bereit zum Kampf. Er schlug und kämpfte bis zur Erschöpfung, aber dem Drachen konnte er nicht beikommen. Der stand unüberwindlich fest vor ihm und starrte ihn an, mit glühenden Augen! Da begann das Schwert in des Prinzen Hand zu schmelzen, und als die Hitze zu groß wurde, ließ er es fallen. Nun stand der Prinz regungslos da, unfähig auch nur noch ein Körperteil zu bewegen. Er war wie zu Eis erstarrt.

Bilder von schönen Landschaften, die er noch nicht gesehen, die Geliebte, die er noch nicht gefunden, und seine Eltern, die er verlassen hatte, traten vor seine Augen. Da begann er zu weinen.

Heiße Tränen rannen ihm übers Gesicht, voller Schmerz über die verpassten Gelegenheiten und die Vergeblichkeit seines Lebens. Die Tränen aber schmolzen das Eis, das ihn umgab. Wasser lief in Strömen an ihm herab. Es sammelte sich zu seinen Füßen und wurde dort zu einem Bach, der schließlich gurgelnd davonfloss.

Da lächelte der Drache und nahm den Prinzen in seine Arme. Lange hielt er ihn fest. Als wieder Bewegung und Wärme in den Prinzen gekommen war, reichte der Drache ihm ein goldenes Schwert: „Dein Schwert hat der Hitze nicht standgehalten. Du brauchst ein neues Schwert. Nimm dieses hier! Es ist stark. Ich habe es selbst in meinem Feuer geschmiedet. Von diesem Tag an soll es dich überall hin begleiten und dich bei all deinen Vorhaben unterstützen.“

So geschah es, dass der Prinz sich doch noch all seine Herzenswünsche erfüllen konnte. Das Drachenschwert aber hielt er zeit seines Lebens voller Dankbarkeit in großen Ehren.